Eine Frau wird zu Rollatoren beraten

Wie läuft das eigentlich mit der häuslichen Pflege?

In unserer Checkliste finden Sie alle wichtigen Informationen

Im Jahr 2020 lebten in Deutschland rund 3,4 Millionen pflegebedürftige Menschen, von welchen drei viertel zuhause versorgt wurden – 1,76 Millionen davon durch ihre Angehörigen. 2,5 von 4,8 Millionen pflegender Angehöriger, sind berufstätig und darüber hinaus besteht die Mehrheit mit 70 % aus Frauen.
Quelle: BMFSFJ – Akuthilfe für pflegende Angehörige beschlossen

Wenn Familienmitglieder plötzlich zum Pflegefall werden, müssen schwierige Entscheidungen getroffen werden. Man stellt sich die Frage, inwieweit die Pflege im gewohnten Umfeld ermöglicht werden kann und welche Probleme hierbei aufkommen können. Auch eine mögliche Unterstützung in dieser Situation muss geprüft werden.

Um Sie bei diesen neuen Umständen zu unterstützen, haben wir eine Checkliste mit den wichtigsten Schritten zusammengefasst, die Sie vorab klären sollten.

 

Allgemeines

Viele Menschen fühlen sich verpflichtet Angehörige zu pflegen und streben daher eine Pflege in gewohnter Umgebung an. Leider ist dies nicht immer möglich, da damit eine hohe Verantwortung verbunden ist, und es eines bestmöglichen Zeitmanagements bedarf, da diese neue Situation auch mit der zu pflegenden Person einhergehen muss.
Eine fachkundige Beratung ist zur Entscheidungsfindung dringend zu empfehlen. Gerne können Sie Unterstützung bei sogenannten Pflegestützpunkten sowie Seniorenbüros anfordern, von welchen Sie zudem Informationen zum Anspruch auf finanzielle Unterstützung erhalten können.

Um sicherzugehen, ob sie die Pflege Ihrer Angehörigen bewältigen können, sollten Sie folgende Überlegungen berücksichtigen:

Neustrukturierung

Sie sollten sich im Klaren sein, welche Veränderungen die Pflege von Angehörigen für Ihren Alltag mit sich bringt, u.a. Anpassung des Tagesablaufs, Terminabstimmungen mit dem Pflegedienst sowie eigens zu leistende Pflegetätigkeiten.

Tätigkeiten

Ihnen sollte bewusst sein, dass es einer genauen Planung bezüglich der Pflegezeit bedarf. Können und wollen Sie Leistungen wie die Körperpflege der/des Angehörigen leisten und möchte die zu pflegende Person dies ebenfalls oder wäre es sinnvoller eine außenstehende Pflegeperson hinzuzuziehen?

Lebenslage

Ist es Ihnen möglich die Pflege mit Ihrem Job zu vereinbaren? Welche Möglichkeiten gibt es dies zu bewältigen? Häufig haben Menschen, die Angehörige pflegen weniger Zeit für Freizeitaktivitäten.

Emotionale und körperliche Belastung

Diese Herausforderung kann sich auf die Beziehung der Pflegerin / des Pflegers und der / des Pflegebedürftigen auswirken, insbesondere da sich Menschen durch Erkrankungen wie Demenz oder Alzheimer stark verändern können.

Beihilfe

Damit die neue Situation leichter zu bewältigen ist, ist es wichtig innerhalb der Familie Stärkung zu erhalten. Daher sollten Sie sich überlegen, wer Ihnen als Pflegeperson helfen kann.

 

1.    Finanzielles

Als pflegende Person einer / eines Angehörigen, haben Sie das Anrecht auf unterschiedliche Leistungen durch die Pflegekasse. Nichtsdestotrotz sind die meisten Leistungen an den Pflegegrad gebunden und werden daher nur bis zu einer Obergrenze übernommen. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Sie ihre finanzielle Situation vorab genaustens prüfen, da die heimische Pflege immer einen finanziellen Aufwand darstellt.

Beruf

Zur Vereinbarung von Pflege und Beruf erhalten Berufstätige einen Anspruch auf Pflegezeit, vorausgesetzt es arbeiten mehr als 15 Mitarbeiter in Ihrem Betrieb. Darüber hinaus haben Sie als Pflegeperson die Möglichkeit sich freistellen zu lassen. Für minderjährige Angehörige beträgt die Pflegezeit dabei bis zu sechs Monate. Als Begleiter in der letzten Lebensphase eines Angehörigen stehen Ihnen drei Monate Pflegezeit zur Verfügung.

Soziale Absicherung

Fragen Sie Ihre Rentenversicherung wie die Pflege von Angehörigen bei Ihrer Rentenbeitrittszahlung angerechnet wird.

Unterstützung der Pflegekasse

Informieren Sie sich über die mögliche Unterstützung durch die Pflegekasse und die Abdeckung des des finanziellen Mehraufwands. Lassen Sie sich hinsichtlich des Pflegegeldes, Pflegesachdienstleistungen, Entlastungsgeld und der Übernahme von Pflegehilfsmitteln informieren.

Pflegedienst

Erkundigen Sie sich hinsichtlich der finanziellen Umsetzbarkeit einer Inanspruchnahme des ambulanten Pflegedienstes bzw. eines Kombinationsmodells aus eigener Pflegeleistung sowie Pflegedienst.

 

2.    Beantragung des Pflegegrads

Sobald die Entscheidung für die heimische Pflege gefallen ist, sollte der Pflegegrad beantragt werden. Hierzu erhalten Sie seitens der Pflegekasse die nötigen Unterlagen, welche Sie mit Unterstützung des Pflegestützpunkts oder der Seniorenhilfe ausfüllen können. Nachdem ein Gutachten über den Pflegegrad durch den medizinischen Dienst ausgestellt wurde, hat der Pflegebedürftige Anspruch auf entsprechende Leistungen.

 

3.   Inanspruchnahme des Pflegekurses

Nach § 45 SGB XI haben pflegende Angehörige einen Anspruch auf einen kostenfreien Kurs der Pflegekasse. Sie erhalten sowohl Einblick in Ihre Rechte gegenüber der Pflegeversicherung sowie den allgemeinen Umgang mit der Pflegesituation zuhause. Darüber hinaus erhalten Sie praktisches Wissen zu den Tätigkeiten der Pflege. Wenden Sie sich daher sobald wie möglich an Ihre Pflegeversicherung.

Die Pflegekasse führt für pflegende Angehörige gebührenfreie Schulungskurse durch, um die Betreuung zu vereinfachen und damit einhergehende Beschwerungen zu vermindern bzw. deren Entstehung vorzubeugen.
Quelle: § 45 SGB 11 – Einzelnorm (gesetze-im-internet.de)

 

4.    Hilfsmittel und bauliche Anpassungen

Sie sollten sich frühzeitig Gedanken darüber machen, welche baulichen Veränderungen und Hilfsmittel nötig sind. Vor allem ein barrierefreies und rollstuhlgerechtes Badezimmer ist meist für die Pflege von Angehörigen notwendig, um dem Pflegebedürftigen die Körperhygiene sowie den Toilettengang zu ermöglichen. Bei mehrstöckigen Gebäuden ist der Einbau eines Treppenlifts sinnvoll. Die Pflegekasse übernimmt hierbei bis zu 4.000 Euro für diese notwendigen baulichen Maßnahmen.
Abhängig vom Pflegegrad, werden bestimmte Pflegehilfsmittel von der Pflegeversicherung übernommen. Um Informationen über Pflegehilfsmittel wie z. B. Pflegebetten, Aufstehhilfen oder Hygieneartikel zu erhalten, können sich die pflegenden Angehörigen an das jeweilige Sanitätshaus wenden. Dort werden Sie gerne darüber beraten, welche Ausführungen im speziell vorliegenden Fall sinnvoll wären, welche von Pflege- oder Krankenkasse übernommen werden und auf was Sie bei der Beantragung achten sollten. Pflegefachkräfte können die Verordnung für diese Pflege-/Hilfsmittel ausstellen.

Nehmen Pflegende keinen ambulanten Pflegedienst in Anspruch?

In diesem Fall erhalten pflegende Angehörige zwei- bis viermal im Jahr Besuch von einer Pflegefachkraft der Pflegeversicherung bei welchem sie sich ein Rezept ausstellen lassen können.

 

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